Der Stadtrat bekräftigt seine ablehnende Haltung gegenüber dem 3-gleisigen Ausbau der S 4-West und legt die nachfolgende Positionierung der Bayerischen Staatsregierung sowie dem Bayerischen Landtag als Petition vor.
Der Oberbürgermeister wird dringlichst gebeten, sich mit den Bürgermeistern der S 4-Anrainern (Grafrath, Eichenau, Puchheim) sowie dem Vorsitzenden des Bezirksausschusses 22 der Stadt München auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen und zu einigen, um die Staatsregierung gemeinsam von der Notwendigkeit des viergleisigen Ausbaus der S 4-West bis Fürstenfeldbruck zu überzeugen.
Begründung:
Wie bereits im Beschluss vom 9.12.2014 festgehalten, lehnt der Stadtrat einen dreigleisigen Ausbau der S4-West bis nach Eichenau ab und hält am viergleisigen Ausbau der S 4-West bis Fürstenfeldbruck fest.
Die S 4 gehört zu den S-Bahn-Linien, die vor ihrer Einbindung in die Stammstrecke die meisten Fahrgäste haben. Ausgerechnet die S 4 hat aber keine eigenen Gleise, muss also im Mischverkehr fahren (neben den S-Bahnen Regional-, Fern- und Güterverkehr). Dringend notwendige Investitionsmaßnahmen wie die Entschärfung des Engpasses „Westkopf Pasing“ und der Ausbau bis Buchenau wurden und werden immer wieder zugesagt, dann aber auch immer wieder in die fernere Zukunft verschoben. Gerade aber der Zwangspunkt „Westkopf Pasing“ und auch generell der Mischverkehr sorgen für jede Menge an Verspätungen, die dann wiederum in die Stammstrecke und anschließend in das gesamte S-Bahn-Netz getragen werden.
Unlängst hat nun die DB AG verlauten lassen, die Vorplanungen zum Ausbau der S 4, und hier v.a. den Bau eines dritten Gleises zwischen Pasing und Eichenau, in Auftrag gegeben zu haben. Eben einen solchen dreigleisigen Ausbau bis Eichenau hatte noch vor wenigen Jahren die DB AG vehement als „nicht zielführend“ abgelehnt. Unseres Erachtens wäre ein nur dreigleisiger Ausbau, zumal nur bis Eichenau, im Zweifelsfall doch nichts anderes als teure Flickschusterei. Drohen würde, dass die Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit der S 4-West zementiert und die Zugzahlen des Regionalverkehrs München – Kaufering/Buchloe/Allgäu wie auch des Fernverkehrs in die Schweiz auf lange Zeit limitiert würden.
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Fengler (TU Dresden) schreibt bspw. zum Ausbau einer zweigleisigen Strecke folgendes: „Die [zusätzliche] Leistungsfähigkeit [einer dreigleisigen Strecke] gegenüber einer zweigleisigen Strecke beträgt allerdings nicht mehr als ca. 25%.“ (Zitat aus: Fengler, W. in: Jänsch, H.: Das System Bahn, „9.2 Bahnanlagen“. 2.Auflage, Eu-railpress, Hamburg, 2016; S.368)
Der Ministerialrat a. D. Dr.-Ing. Rudolf Breimeier bestätigt Fengler ebenfalls: „Zweigleisige Hauptbahnen mit Mischbetrieb schneller und langsamer Züge weisen erfahrungsgemäß in der Summe beider Richtungen eine Leistungsfähigkeit von 300 bis 320 Zügen/Tag auf. Wird eine bislang zweigleisige Strecke um ein drittes Gleis erweitert, steigt die Strecken-Leistungsfähigkeit keineswegs um 50% an. Bei der konventionellen Form der Dreigleisigkeit werden die beiden äußeren Gleise jeweils in einer Richtung befahren. Das zusätzliche dritte Gleis wird mittig angeordnet und für ‚fliegende Überholungen‘ in beiden Richtungen genutzt. Hiermit entspricht die Charakteristik des dritten Gleises etwa der einer eingleisigen Strecke, deren Leistung auf 70 bis 80 Züge/Tag beschränkt ist. Die Erweiterung einer zweigleisigen Strecke um ein drittes Gleis lässt in der Regel eine Leistungssteigerung um 25% auf rund 400 Züge/Tag erwarten. (…) ‚verschränkten Dreigleisigkeit‘ (…). Hierdurch wird lässt sich die Leistungsfähigkeit gegenüber einer zweigleisigen Streck um bis zu 30% steigern.“ (Zitat aus: Breimeier, R. in: Eisenbahn-Revue International 1/2016, „Hafen-Hinterland-Verkehr: Ein untaugliches Schienenprojekt“. Minirex, Luzern, 2016)
Der dreigleisige Ausbau der S 4 bis Eichenau wäre somit ein ökonomisches und verkehrspolitisches Desaster, weil die Leistungsfähigkeit nicht wirklich durch ein drittes Gleis erhöht würde und trotzdem enorme Kosten anstehen. Ein schlechter Kompromiss wäre in diesem Fall tatsächlich fatal, weil es wenig bis gar keinen Nutzen für die Pendler*innen der S 4 – West hätte und das Chaos in der schnell wachsenden Boomregion weiterhin vorprogrammiert wäre.
Ein viergleisiger Ausbau hingegen würde „eine zusätzliche Leistungsfähigkeit von mindestens 100% auf insgesamt mindestens 200%“ (Dipl.-Ing. Stefan Baumgartner aus dessen Stellungnahme vom 10. Oktober 2014 zum BVWP 2015 (Schiene)) bedeuten und die Situation merklich entspannen. Dazu Dipl.-Ing. Stefan Baumgartner aus dessen Stellungnahme vom 10. Oktober 2014 zum BVWP 2015 (Schiene): „Demgegenüber hat eine zusätzliche zweigleisige Strecke (d.h. ein viergleisiger Ausbau einer zweigleisigen Bestandsstrecke) eine zusätzliche Leistungsfähigkeit von mindestens 100% auf insgesamt mindestens 200%. Die Steigerung der Leistungsfähigkeit kann auch auf mehr als das doppelte erfolgen, wenn durch Entmischung der Zugverkehre deren fahrdynamisches Verhalten auf zwei Gleise je Richtung sortiert werden und damit die Geschwindigkeitsscheren zwischen langsamen und schnellen Zügen nicht mehr maßgebend sind, sondern vielmehr sich die fahrplangebundene Leistungsfähigkeit je nach Haltepolitik an den Zugfolgezeiten zweier fahrdynamisch gleichartiger Züge orientiert.